Um die Abtreibungsagenda der Vereinten Nationen zu verstehen, ist es notwendig, das sogenannte Kairo-Dokument der “International Conference on Population and Development” (ICPD) von 1994 zu kennen.
Die “International Conference on Population and Development” wurde 1994 von der UN in Kairo abgehalten und ist wegweisend für die Abtreibungsagenda der Vereinten Nationen und allen mit ihr verknüpften Organisationen, wie der WHO. Das „Programme of Action“ (PoA) der ICPD listet Abtreibung als fixen Bestandteil von „reproductive health“. Sie erklärt: “All countries should strive to make accessible through the primary health-care system, reproductive health to all individuals of appropriate ages as soon as possible and no later than the year 2015. Reproductive health care in the context of primary health care should, inter alia, include: … abortion as specified in paragraph 8.25; …” (PoA 7.6).
Vom 12 bis zum 14 November 2019 fand der Nairobi Gipfel statt, der das 25. Jubiläum der ICPD markieren soll und den Untertitel „Accelerating the promise“ trägt (Anm.: das „Versprechen“ des Kairo-Gipfels). Er wurde einberufen von den Regierungen von Kenia, Dänemark und dem UN Population Fund (UNFPA), dessen Ziel die Einschränkung der Weltbevölkerungsexplosion ist. Das Abschlussdokument erklärt schon in der Präambel, dass die großen Probleme der Welt zum Teil gelöst werden können, indem Frauen und Mädchen die Kontrolle über ihren Körper, ihre Entscheidungen und ihre Zukunft übernehmen: „Strengthening our societies, growing our economies and combating climate change all depend on women and girls taking control over their bodies, their choices and their futures.“ In der Darlegung der drei Hauptziele des Gipfels (1. erneute Bekräftigung des „ICPD Programme of Action“, 2. Aufbau des finanziellen und politischen Moments zur Durchsetzung der Forderungen, 3. Networking) findet sich auch ein Rekurs auf die Agenda 2030, die ja eine verstärkte Durchsetzung der ICPD-Agenda forderte.
Das erste Thema des Textes nennt sich: „Universal access to sexual and reproductive health and rights as a part of universal health coverage.” (Für die Bedeutung des UN-Terminus “reproductive health”, der Abtreibung beinhaltet, siehe Agenda 2030). In der Einleitung findet sich die Bemerkung, dass es mit Hilfe der Arbeit der UN und ihrer Organisationen in den letzten Jahrzehnten gelang, den Diskurs um die Fortpflanzung des Menschen sowie um die Abtreibung zu drehen und nachhaltig zu verändern: „We changed the conversation! At the Nairobi Summit, enthusiasm for a “next generation” conversation on sexual and reproductive health and rights reached an all-time high. Consensus was strong. We need bolder demands to realize sexual and reproductive health and rights.“
In der Grafik auf Seite 18 zu den “essential package of sexual and reproductive health interventions” finden wir als einen Punkt “safe abortion services” und unten in den Stichpunkten nochmals „Access to safe abortion is essential to sexual and reproductive health and rights.” Auf Seite 39 finden sich Auszüge aus Stellungnahmen der Teilnehmer. Nepal beispielsweise erklärt, es wolle „comprehensive sexual and reproductive health services“ in sein Gesundheitssystem einbauen, was, wie es selbst sagt, auch die Bereitstellung von Abtreibung beinhaltet. Das angehängte „Nairobi-Statement“ soll eine Mustererklärung darstellen, mit Hilfe derer Regierungen sich zu den Zielen des Nairobi-Gipfels bekennen können. Sie ist natürlich – wie so vieles bei den Vereinten Nationen – zumindest offiziell nicht-bindend. Auch hier findet sich unter Punkt 3 wieder die Erklärung, Zugang zu „sicherer“ Abtreibung zu schaffen.
Zur Unterstreichung der Dringlichkeit der Forderungen sind emotionalisierende und unsachliche Zitate von diversen „Persönlichkeiten“ in den Text eingefügt. So kommt zum Beispiel die Abtreibungsaktivistin der von unter anderem Planned Parenthood mitorganisierten linken Platform “She Decides” Mamello Makhelei folgendermaßen zu Wort: „Stop leaving young women and girls behind; they die because we don’t want to talk about sexuality education and safe abortions.“
Man sieht also, dass in dieser Sichtweise die Abtreibung ganz offen als ein Recht und ein Bestandteil von gesundheitspolitischen Maßnahmen gehandelt wird. Wie auch aus dem zitierten enthusiastischen Aufruf aus der Einleitung zu entnehmen ist, ist es ein Bestreben der diskursführenden Kräfte innerhalb der UN, Abtreibung zu einem Menschenrecht zu machen, entweder auf direkte, oder auf indirekte Weise.
Im Abschlussdokument des Nairobi-Gipfels schlägt sich die Gender-Theorie in ihrer progressivsten Form nieder (vgl. Agenda 2030, wo es in erster Linie um gesellschaftliche Gleichschaltung von Mann und Frau geht). Der Begriff der sogenannten LGBTQ-community fällt mehrmals und das „essential package of sexual and reproductive health interventions“ beinhaltet „Comprehensive sexuality education must reach every young person, including through technology, and emphasize transforming discriminatory gender norms.” Also eine Sexualerziehung, die eine globale, erbarmungslose Propagierung der Gender-Theorie sicherstellt. Mehr Details dazu findet man auf Seite 31, wo auch eine gesetzliche Anerkennung gefordert wird: „Laws must guarantee equal rights for LGBTQI people. Health services must meet their needs. Information and education on sexual and reproductive health must include diverse gender identities and sexual orientation, diversity and the protection of rights.”
In der Beurteilung von Elyssa Koren, der UN-Spezialistin der christlichen Advokaturorganisation ADF-International, handelt es sich bei dem Nairobi-Treffen um einen richtigen „Abtreibungs-Gipfel“. Allerdings, räumt sie ein, stellt Nairobi keine vollwertige UN-Veranstaltung dar. Während sich bei der Kairo-Konferenz (ICPD) tatsächlich offizielle Vertreter fast aller Regierungen einfanden und diese damit zum Aufstellen und Umsetzen einer globalen Agenda „legitimiert“ war (aus UN-Perspektive), versammelte der Nairobi-Gipfel von vornherein nur die progressiveren Kräfte innerhalb der UN. Nichtsdestotrotz präsentiert er sich als vollwertige UN-Konferenz und will seinen „Beschlüssen“ damit Gewicht verleihen.
Ein Blick in die Teilnehmerliste offenbart die magere Besetzung:
Von den sogenannten ständigen Vertretern bei den Vereinten Nationen („UN-Ambassadors“) waren lediglich jene von Dänemark und Kenia vertreten (beide als „Co-Chairs“), sowie jene von Bulgarien, Ägypten, Peru, Sierra Leone, Jordanien und den Philippinen. Noch zwei weitere Nationen (Irland und Malaysia) waren mit einem (nationalstaatlichen) Parlamentarier vertreten. Ansonsten keine Spur der Nationalstaaten; dafür jede Menge Repräsentanten von UN-Teilorganisationen (UNFPA, „UN Secretary-General on Youth“, Bureau of Health, HIV and Development, u.a.), internationaler sowie Pan-afrikanischer Organisationen (African Union), ein Vertreter der Europäischen Union, sowie Vertreter von NGOs und “philanthropischer” Stiftungen, wie der „Deputy Director“ des „Family Planning Program“ der „Bill & Melinda Gates Foundation“, die natürlich nicht fehlen dürfen.
Elyssa Koren von Adf International rechnet damit, dass Gelder des COVID19-Hilfspaketes der UN zur Bewerbung und Durchsetzung von Abtreibung verwendet werden. 120 Millionen Dollar des Hilfspaketes gehen an den UN Population Fund (UNFPA), dessen Ziel die Einschränkung der Weltbevölkerungsexplosion ist. Der UNFPA schreibt auf seiner Website: „Women’s and girls’ sexual and reproductive health choices and rights must be respected regardless of whether they are infected, or have been infected, with COVID-19. This including access to contraception, emergency contraception, safe abortion where legal and to the full extent of the law, and post-abortion care.”